Schienen-Gigant an der Sonnenküste

Mit dem Triple-Decker “Aura Elysia” von Barcelona nach Rom – Luxus trifft Lokalkolorit?

Von Finn Weber, für abcxyz

Man hat ja schon vieles gesehen auf Europas Schienen, aber der “Aura Elysia” sprengt buchstäblich den Rahmen. Ein dreistöckiges Luxushotel auf Rädern, das verspricht, die schönsten Ecken des Kontinents im Slow-Travel-Modus neu zu erschließen. Meine Mission: herausfinden, ob dieser glänzende Koloss auf seiner “Riviera-Romanze”-Route von Barcelona nach Rom tatsächlich eine Brücke zu den legendären Küstenorten schlägt oder ob man doch eher in einer goldenen Blase reist. Spoiler: Es ist komplizierter – und ziemlich beeindruckend.

Barcelona: Einsteigen in eine andere Welt

Los ging’s in Barcelona Sants, wo der “Aura Elysia” an einem eigens abgetrennten Bereich fast schon wie ein Kreuzfahrtschiff wirkte, das sich auf die Schiene verirrt hat. Drei Decks, raumhohe Panoramafenster, ein dezentes Summen, das von der potenten Technik im Inneren kündet. Das Einchecken: effizient, fast flughafenähnlich, nur deutlich stilvoller. Meine Kabine auf dem mittleren “Serenity Deck” – Typ “Doppelzimmer Deluxe” – entpuppte sich als clever designtes Platzwunder mit überraschend viel Stauraum, einem Bad, das diesen Namen verdient, und einem Ausblick, der sich in den nächsten Tagen dramatisch verändern sollte. WLAN? Stabil. Minibar? Gut gefüllt. Das Nötigste für den anspruchsvollen Globetrotter ist also da.

Die erste Erkundungstour durch den Zug ist ein Erlebnis für sich. Unten, auf dem “Promenade Deck”, locken ein edles Bistro mit regionalen Snacks (erste Kostprobe: Pan con Tomate, bevor wir Spanien überhaupt verlassen haben), eine kleine, aber feine Buchhandlung und der Zugang zum Wellnessbereich. Oben thront die “Stargazer Lounge”, eine gläserne Kuppel, die ihrem Namen alle Ehre macht, daneben der Haupt-Speisesaal, in dem am ersten Abend bereits ein Menü mit katalanischen Einflüssen serviert wurde. Die Atmosphäre? Überraschend entspannt, weniger steif als befürchtet, eher international-leger.

Von der Costa Brava zur Côte d’Azur: Langsamkeit als Programm

Die erste Etappe führte uns entlang der spanischen und später der französischen Küste Richtung Marseille. Das wahre Verkaufsargument des “Aura Elysia” ist die Entschleunigung. Wo andere Züge rasen, gleitet dieser hier. Man hat Zeit, die Pinienwälder, die kleinen Buchten, die vorbeiziehenden Dörfer wirklich wahrzunehmen.

Erster mehrtägiger “Landgang” (so nennt der Zug seine Hafenstopps an Land): Montpellier. Vom eigens eingerichteten “Parkgleis” etwas außerhalb des Zentrums ging es mit Shuttlebussen bequem in die Altstadt. Das Angebot reichte von individueller Erkundung bis zu geführten Touren – ich schloss mich einer Food-Tour durch die Markthallen an, die einen authentischen Einblick in die Spezialitäten des Languedoc bot. Zurück an Bord tauschte man sich mit Mitreisenden aus – eine bunte Mischung aus erfahrenen Luxusreisenden und neugierigen Entdeckern. Man trifft durchaus interessante Charaktere, wie eine Gruppe von Architekten, die das Design des Zuges studierten, oder eine Winzerin aus Kalifornien auf Europatour.

Weiter ging es entlang der Côte d’Azur. Nizza, Cannes, Antibes – die Namen allein sind Programm. Hier spielte der Zug seine Stärke als Aussichtsplattform voll aus. Besonders von der “Stargazer Lounge” boten sich Postkartenmotive im Minutentakt. Der “Landgang” in Nizza nutzte ich für einen Bummel über die Promenade des Anglais und einen Abstecher ins Chagall-Museum – alles gut erreichbar und entspannt, da das “Hotelzimmer” ja praktischerweise mitreist.

Italienische Riviera: Pesto, Palazzi und Panoramen

Die Grenze zu Italien markierte auch einen subtilen Wechsel in der Bordküche – plötzlich duftete es nach frischem Pesto und Focaccia. Genua, die stolze Hafenstadt, war unser nächster längerer Stopp. Ein geführter Spaziergang durch die engen “Caruggi” der Altstadt offenbarte eine ganz andere Seite der Riviera, abseits vom Glamour.

Ein Highlight der Strecke war die langsame Fahrt entlang der Cinque Terre. Vom Land aus oft überlaufen, bot sich vom Meer- bzw. Schienenweg aus eine faszinierende, weniger hektische Perspektive auf die berühmten bunten Dörfer, die sich an die Klippen krallen. Hier konnte man von den kleinen, bei Standzeiten ausklappbaren Balkonen der Suiten oder den offenen Bereichen des Panoramadecks fotografieren, ohne sich durch Menschenmassen drängeln zu müssen.

Florenz & der Endspurt nach Rom: Kultur pur zum Finale

Der “Landgang” in Florenz war mit drei Tagen großzügig bemessen – genug Zeit, um die Uffizien (Tickets vorab über den Concierge-Service des Zuges buchbar!), den Dom und den Ponte Vecchio zu erkunden, ohne in Stress zu geraten. Der Zug parkte etwas außerhalb, aber die Anbindung war gut organisiert. Abends kehrte man dann gerne in die klimatisierte Ruhe des “Aura Elysia” zurück, während andere Touristen noch nach Restaurants suchten.

Die letzte Etappe nach Rom führte durch die sanfte Hügellandschaft der Toskana und Umbriens. Noch einmal zeigte sich die Stärke des langsamen Reisens, die Möglichkeit, die Landschaft wirklich aufzunehmen. Die Ankunft in Rom Termini war dann fast schon unspektakulär normal – wäre da nicht das Wissen, gerade eine der außergewöhnlichsten Zugreisen Europas beendet zu haben.

Das abcxyz Urteil:

  • Der Clou: Der “Aura Elysia” ist eine beeindruckende Ingenieursleistung und ein Statement für eine neue Art des Luxusreisens. Die Kombination aus Hotelkomfort, exzellentem Service und der Möglichkeit, berühmte Strecken entschleunigt zu erleben, ist einzigartig. Die “Landgänge” sind gut durchdacht und bieten echten Mehrwert.
  • Die Höhepunkte: Die Aussichten von der “Stargazer Lounge”, besonders entlang der Côte d’Azur und Cinque Terre. Die Qualität der Bordgastronomie. Die Bequemlichkeit, sein “Hotel” immer dabeizuhaben, gerade in dicht besiedelten Kulturstädten.
  • Was man bedenken sollte: Dies ist kein Backpacker-Trip. Der Preis ist happig, und man bewegt sich natürlich in einer gewissen Luxus-Sphäre. Wer absolute Individualität bis ins letzte Detail sucht, ist hier vielleicht nicht optimal aufgehoben, auch wenn die “Landgänge” viel Freiraum bieten. Die Parkgleise liegen systembedingt manchmal etwas außerhalb der Stadtzentren.
  • Lohnt es sich? Für Reisende, die höchsten Komfort schätzen, ikonische Routen auf eine neue, entspannte Weise erleben möchten und bereit sind, dafür tiefer in die Tasche zu greifen: absolut. Es ist eine Erfahrung, die man so schnell nicht vergisst und die eine bemerkenswerte Balance zwischen exklusivem Reisen und kultureller Nähe schafft.
  • Ein Tipp: Nutzen Sie die Expertise des Concierge-Teams an Bord für individuelle Wünsche bei den “Landgängen” – oft sind auch maßgeschneiderte Erlebnisse möglich. Und: Buchen Sie frühzeitig einen Tisch im Haupt-Speisewagen für die besonders malerischen Streckenabschnitte!

Kurzum: Der “Aura Elysia” auf der Riviera-Route ist eine formidable Option für eine unvergessliche Reise, die Luxus und Erlebnis auf beeindruckende Weise verbindet. Er macht das Reisen selbst wieder zum Ereignis.

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