Livestreaming hat momentan Hochkonjunktur und gleichzeitig sehen wir schon Ermüdungserscheinungen. Sowohl bei den Künstler:innen als auch bei den Zuschauer:innen.
Wir fühlen uns abgekoppelt, depriviert und vermissen das Feedback in beide Richtungen. Die Interaktion, das anerkennende Lächeln des Vortragenden für einen spontanen Ausruf des Gefallens, und das wohlige Eintauchen in den Applaus, fehlen uns.
Aber auch das Missfallen und die spontane Reaktion auf eine Frage von der Bühne ins Publikum wollen wir zum Ausdruck bringen. Nicht zuletzt ist die:der Künstler:inn in vielen Fällen sogar darauf angewiesen, da sie:er sonst in der Zäsur der Darbietung, an Stellen, an denen das Publikum gewöhnlich in Aktion tritt und den physischen Raum des Clubs oder des Theaters mit dem Applaus direkt manipuliert und ausfüllt, in ein Loch aus Stille fällt.
Die Überspielung solcher Löcher funktioniert bei Aufzeichnungen durchaus. In der Livesituation ohne Möglichkeit des Schnittes oder der Wiederholung führt sie zu Unsicherheit, zu schwindender Qualität und damit automatisch zu geringerer Immersion.
Die Folge ist, dass sich Künstler:innen unwohl fühlen, das Publikum früher oder später den Focus, der der Natur der Inszenierung folgend sowieso schon unschärfer ist, verliert und sich abwendet und abschaltet.
KLAEPP!
In der Isolation kommt man bekanntlich auf abwegige Ideen und merkt dann, dass sie zwar nicht abwegig sind, aber halt auch nicht wirklich umsetzbar.
Wir waren nicht die ersten, die die Livekonzerte per Stream dann einfach nach Jitsy oder Zoom verlagert haben. Direktes Feedback, angenehme Umgebung und eben Lärm, Bandbreitenprobleme und damit dann doch Verzögerungen, der Frage nach wer die Mikros von wem wann öffnet oder verstummen lässt und natürlich die 40 Minutenbeschränkung. Dazu kommt noch, dass auch nicht jeder, der mal auf ein Konzert geht, gleich mit allen im Videocall rumhängen will.
Wie auch immer. Bis auf wenige Ausnahmen, die uns vielleicht entgangen sind, hat sich das Modell des Zoomkonzerts bisher nicht wirklich durchgesetzt und auch wir verzichten inzwischen weitgehend darauf.
Von Facebook- und Youtube-Streamings wollen wir hier gar nicht anfangen. Die haben durchaus ihre Berechtigung, aber sind aufgrund der teilweise extrem großen Latenz eher suboptimal, wenn es um die Schaffung einer Livesituation geht, in der ein Gefühl von räumlicher und emotionaler Nähe zwischen Publikum und Künstler:innen hergestellt werden soll.
Aber irgendwie haben wir doch 2020 und da sollte sich das doch auch irgendwie bewerkstelligen lassen.
Und so schufen wir zusammen mit audiohotel KLAEPP!
Was soll passieren und was genau ist KLAEPP?
Ein:e Künstler:inn spielt ein Konzert. Jeder von uns sieht und hört es zuhause bei sich im Zimmer, auf der Couch oder im Stehen über den Stream… und wenn einer von uns nun das Bedürfnis hat in den physischen Raum des Wohnzimmers einzugreifen – in dem die:der Künstler:in vielleicht kurz vor dem Moment steht, in dem sie:er auf das rettende Netz des Publikums angewiesen ist – und dort zu klatschen, zu johlen oder zu lachen, dann braucht sie:er nur den Knopf auf seinem Handy-Display zu drücken und die:der Künstler:inn wird das hören… und alle anderen auch… über das Mikrophon, als manifester Teil des Raums am anderen Ende des Streams. Und wenn nun, z.B. am Ende eines Songs alle klatsche, und zwar jeder von uns, direkt vor Ort, dann wird das im besten Fall zu einem Applaus… die Summe der aller Teile …
Ermöglicht wird das durch die Kombination 2er Systeme.
- Eine Plattform, die im Gegensatz zu Youtube und Facebook „fast“ verzögerungsfrei Videos von einem Rechner auf eine große Anzahl Empfänger streamen kann
- KLAEPP mit dem es einer großen Anzahl von Menschen möglich ist „nahezu“ verzögerungsfrei und gleichzeitig Soundschnipsel auf einem Rechner abzuspielen. Dadurch sparen wir Bandbreite und schaffen gleichzeitig die Möglichkeit individuell in Interaktion mit der:dem Künstler:inn zu treten, auch wenn kein Kamera- oder Mikrophonzugriff seitens der:des Zuschauers:in erfolgt und genehmigt werden muss.
Und am Montag den 20.4.2020, noch mitten in der Corona-StayHome-Kontaktbeschränkung, hatten wir das Glück und die Ehre ein intimes privates Konzert des Berliner Künstlers “Simon the Russian” mit einem kleinen ersten KLAEPP-Test zu verbinden.
Und es war ein Erfolg.
Sowohl Simon als auch alle 10 eingeladenen Zuschauer:innen, die sich aus der ganzen Republik zugeschaltet hatten, hatten Spaß! Das lag zum einen natürlich an der großartigen Musik, die uns geboten wurde, aber nicht nur,
Auch daran, dass Simon diesmal nicht, wie in seinen vorherigen Livestreamings für ein Mikrophon und eine Kamera Musik machte, sondern die Reaktion des Publikums direkt, unmittelbar und vor allem individualisiert wahrnehmen konnte. Und auch daran, dass alle anderen, die zuhause zuhörten, spontan ins geschehen Eingreifen konnten und so mit dem Geschehen verbunden waren. Damit zauberten wir Simon nicht nur einmal, wie in diesem Video zu sehen ist, ein warmes Lachen auf die Lippen.
Und zum Ende bekam Simon noch einen warmen, anhaltenden Applaus.
Nur eins hat allen Teilnehmern bei diesem schönen Experiment gefehlt: Ein Zugabeknopf!
[…] Hier nochmal kurz, wie und warum KLAEPP entstand. […]
[…] Ihr holt euch mit KLAEPP das authentische Gefühl zurück, mit dem Publikum so interagieren zu können, wie ihr das auf der Bühne gewöhnt seid. Applaus am Ende, Szenenapplaus, spontane Zwischenrufe. Das schafft Nähe zwischen dem entfernten Publikum und Euch. Wir haben es getestet und es funktioniert wirklich […]